Das hessische Verhandlungsergebnis in Kürze
Die schuldrechtlichen Vereinbarungen mit dem Land Hessen, der Goethe- Universität und TU-Darmstadt beinhalten:
- Mindestvertragslaufzeiten: In der Regel ein Jahr. In begründeten Fällen können kürzere oder längere Zeiträume vereinbart werden.
- Mindestentgelt für studentische Beschäftigte (ohne Abschluss):
- ab dem Sommersemester 2024 mindestens 13,46 Euro;
- ab dem Sommersemester oder dem 1. August 2025 14,20 Euro. Die höheren Stufen werden entsprechend angehoben. (Klärungen mit dem HMWK und dem Innenministerium laufen).
- Die Erhöhung der Stundenentgelte von SHKs ist künftig an die prozentuale Lohnsteigerung für andere Beschäftigtengruppen im TV-H geknüpft.
- Mindestbeschäftigungsumfang: grundsätzlich 10 Wochenstunden
- Laufzeit: 24 Monate. Das heißt, ab dem 1. Februar 2026 kann der Tarifvertrag gekündigt und neu verhandelt werden. Die Tarifvertragsparteien werden in der nächsten Tarifrunde erneut u.a. über eine Anpassung der Mindestentgelte verhandeln.
Nach dem Abschluss der dritten Verhandlungsrunde mit dem Land Hessen und den Verhandlungen mit den autonomen Universitäten sind wir empört über die strikte Weigerung der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen der studentischen Hilfskräfte zu tarifieren. Trotzdem ist die Festsetzung des Mindestumfangs von 10 Wochenstunden eine deutliche Verbesserung – auch im Vergleich zum Ergebnis der Tarifrunde der Länder. Denn unbezahlte Überstunden sind ein großer Prekaritätsfaktor. Mit dieser Regelung können wir dieses Problem hoffentlich eindämmen.
Mit dem Entgeltabschluss liegen wir über dem Ergebnis der Tarifrunde der Länder. Dennoch wären höhere Löhne aufgrund der soliden Haushaltslage des Landes Hessen möglich gewesen. Die Weigerung der Arbeitgeber höhere Löhne zu vereinbaren ist vor dem Hintergrund der Inflation, der steigenden Lebenserhaltungskosten und der steigenden Mieten ein Schlag ins Gesicht: Nach wie vor ist mit diesen Löhnen kaum ein Auskommen möglich.
Schuldrechtliche Vereinbarung
Mit der schuldrechtlichen Vereinbarung haben wir erstmals einen Vertrag zwischen den Gewerkschaften und dem Land Hessen (und den Unileitungen der TU Darmstadt und der Goethe Uni), der die Arbeitsbedingungen studentischer Beschäftigter regelt. Anders als bei einer tarifvertraglichen Regelung können Beschäftigte jedoch ihre Ansprüche nicht einklagen. Eine Verletzung der Regelungen stellt allerdings einen Vertragsbruch dar. Die Einhaltung dieser Vereinbarung kann durch die Gewerkschaften eingeklagt werden. Das ist ein Fortschritt mi Vergleich zu dem zuvor geltenden Kodex für gute Arbeit, der zwischen dem Hauptpersonalrat und dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur (HMWK) verhandelt wurde.
Erzwingung war nicht möglich
Für eine Erzwingung einer tarifvertraglichen Regelung fehlt uns trotz der bisher größten Mobilisierungserfolge die Kraft. Um mehr zu erreichen, benötigen wir mehr gewerkschaftliche Organisation, noch mehr Streikbereitschaft durch mehr Hilfskräfte, die sich aktiv in die Initiativen einbringen müssen. Wir haben gut vorgelegt und gezeigt was möglich ist, aber die Tarifrunde hat auch gezeigt, dass Verhandlungen vor allem Machtfragen sind. Am Ende des Tages spielen Argumente keine Rolle, und es kommt nur darauf an, wer dazu in der Lage ist, den eigenen Standpunkt durchzusetzen.
Wie geht es weiter und was sind die nächsten Schritte?
Klar ist: Unser Kampf geht weiter!
Wir haben die Mindestvertragslaufzeiten von einem Jahr und einen Mindestbeschäftigungsumfang von 10 Wochenstunden durchgesetzt. Nun gilt es gemeinsam mit Personalvertretungen und Gewerkschaften auf die Umsetzung und Einhaltung zu pochen. Dazu müssen wir die Rollen der Hilfskräfteräte, die nach dem Hessischen Personalvertretungsrecht eingeführt wurden, weiter stärken. Mit der Vereinbarung haben wir die Zusage erhalten, dass in der nächsten Tarifrunde wieder über unsere Arbeitsbedingungen verhandelt wird. Voraussetzung dafür ist, dass wir uns bis dahin weiter organisieren und starke gewerkschaftliche Strukturen an den Hochschulen aufbauen. Wir haben in dieser Tarifrunde bewiesen, dass wir kämpfen können.
Meldet hier Stellenausschreibungen, die gegen die genannten Regelungen verstoßen!
FAQ zur hessischen Tarifeinigung
Dieses FAQ wurde von den TVStud-Verhandlungskommissionen von ver.di und GEW in Zusammenarbeit mit gewerkschaftlichen Hauptamtlichen erstellt. Das FAQ stellt lediglich einen Zwischenstand dar. Genauere Informationen werden die Redaktionsverhandlungen im Sommer und Herbst ergeben.
Schuldrechtliche Vereinbarung vs. Tarifvertrag
Warum kein Tarifvertrag, sondern eine schuldrechtliche Vereinbarung?
Die Vereinbarungen zu Entgelt und Vertragslaufzeiten wären auch in einem Tarifvertrag regelbar gewesen. Dass dies nicht passiert ist, lag daran, dass das Innenministerium des Land Hessen sowie die autonomen Universitäten aus politischen Gründen keine tarifliche Regelung abschließen wollten. Als Begründung wurde angeführt, dass man der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) nicht in den Rücken fallen wolle. Mit der aktuellen Formulierung im Einigungspapier haben wir einen wichtigen Schritt erreicht und einen Fuß in der Tür, denn darin heißt es, dass in der kommenden Tarifrunde unter anderem (!) über Entgelte erneut verhandelt wird!
Wir haben in der nächsten Runde erneut die Chance, bestehende Regelungen zu verbessern, neue zu treffen und am wichtigsten: einen Tarifvertrag zu erreichen. Die Voraussetzung ist, dass wir uns weiter organisieren und eine noch stärkere Streikbewegung aufbauen!
Was sind die Unterschiede zwischen schuldrechtlicher Vereinbarung und Tarifvertrag?
Ein Tarifvertrag ist ein Kollektivvertrag zwischen Arbeitgeberverband und Gewerkschaften, der unmittelbare und zwingende Rechte verleiht und daher Ansprüche verschafft, die von den Beschäftigten individuell eingeklagt werden können. Eine schuldrechtliche Vereinbarung hat diese normative Wirkung nicht. Ansprüche können zwar nicht von Einzelpersonen, aber von den Gewerkschaften geltend gemacht werden. Gleichwohl ist es ein Vertrag zwischen zwei Beteiligten, d.h. eine viel höhere Verbindlichkeit als der bisherige Verweis auf den Kodex für gute Arbeit an den hessischen Hochschulen. Das Land Hessen ist durch die schuldrechtliche Vereinbarung direkt gebunden und damit auch die Hochschulen. Das Land muss auf die Umsetzung der Richtlinie hinwirken. Die schuldrechtliche Vereinbarung gilt für alle studentischen Hilfskräfte.
Wir haben in der nächsten Runde erneut die Chance, bestehende Regelungen zu verbessern, neue zu treffen und am wichtigsten: einen Tarifvertrag zu erreichen. Die Voraussetzung ist, dass wir uns weiter organisieren und eine noch stärkere Streikbewegung aufbauen!
Was passiert, wenn sich Hochschulen nicht an die schuldrechtliche Vereinbarung halten? Was wären die rechtlichen Schritte und wer kann diese wie machen?
Es ist wichtig, den Verstoß zunächst zu dokumentieren. Dafür reicht es aus, wenn z.B. der geringere Stundenlohn auf einer Entgeltabrechnung vermerkt ist. Der Verstoß kann direkt über die TVStud-Website gemeldet werden.
Oder, ihr wendet euch direkt an die für euch zuständigen Gewerkschaften ver.di und GEW. Die Gewerkschaften entscheiden gemeinsam mit den lokalen TVStud Initiativen über das weitere Vorgehen, um eine Umsetzung der Regelung zu erzwingen.
Kontaktinformationen: Gewerkschaft ver.di: , Gewerkschaft GEW:
Wir haben in der nächsten Runde erneut die Chance, bestehende Regelungen zu verbessern, neue zu treffen und am wichtigsten: einen Tarifvertrag zu erreichen. Die Voraussetzung ist, dass wir uns weiter organisieren und eine noch stärkere Streikbewegung aufbauen!
Von wann bis wann gilt die schuldrechtliche Vereinbarung?
Die Regelungen zum Entgelt gelten ab dem 1. April 2024. Die schuldrechtliche Vereinbarung tritt am 1. Februar 2025 in Kraft. Die Regelung zu den Vertragslaufzeiten und dem Mindeststundenumfang gelten verbindlich ab dem 1. Februar 2025 für alle studentischen Hilfskräfte. Manche Hochschulen setzen die Regelung trotzdem zum Sommersemester 2024 um. Darauf gibt es keinen rechtlich bindenden Anspruch. Eine Laufzeit ist derzeit nicht vorgesehen, demnach läuft sie zunächst unbefristet.
Unterliegen wir einer Friedenspflicht?
Nein! Voraussetzungen für Streiks vor der nächsten Tarifrunde der Länder wären einerseits die erneute Aufforderung zu Verhandlungen, andererseits ein hoher Organisationsgrad und eine hohe Streikbereitschaft. In jedem Fall müssen die Streikaufrufe durch eine unserer zuständigen Gewerkschaften erfolgen (ver.di und/oder GEW).
Können für studentische Beschäftigte Haustarifverträge abgeschlossen werden?
Grundsätzlich könnten die Goethe-Universität Frankfurt oder die Technische Universität Darmstadt als autonome Universitäten eigene haustarifliche Regelungen für Hilfskräfte mit den Gewerkschaften vereinbaren. Solange sich aber das Land Hessen oder die TdL nicht bewegen, ist dies eher unwahrscheinlich.
Entgelt
Wie hoch sind die Stundenentgelte für Beschäftigte ohne Bachelorabschluss? Was ist mit studentischen Hilfskräften mit Bachelorabschluss?
Die schuldrechtliche Vereinbarung sieht für studentische Beschäftigte ohne Abschluss ab dem Sommersemester 2024 mindestens 13,46 € und ab dem Sommersemester 2025 (oder zum 1. August) 14,20 € vor. Diese Regelung ist verbindlich für alle studentischen Hilfskräfte, einschließlich derjenigen in Drittmittelprojekten. Die Einigung sieht vor, dass die Stundenentgelte für diejenigen mit Bachelorabschluss entsprechend angehoben werden sollen. Genaueres werden die Redaktionsverhandlungen bis Mitte 2024 im Nachgang zu der Tarifeinigung klären.
Welche Regelungen gelten für studentische Beschäftigte mit Masterabschluss?
Das hessische Hochschulgesetz sieht seit der Novellierung Ende 2021 keine Anstellungen von studentischen Beschäftigten mit Masterabschluss, die sogenannten wissenschaftlichen Hilfskräfte, als Personalkategorie vor. Die Personalkategorie existiert nur noch in wenigen Ausnahmefällen. Neueinstellungen sind aus gewerkschaftlicher Perspektive Tarifflucht, da eine Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiterin nach TV-H zu erfolgen hat. Wendet euch im Zweifel an eure zuständigen Gewerkschaften GEW oder ver.di.
Durch die Erhöhung der Stundenentgelte und des Mindeststundenumfangs überschreitet mein Einkommen, das für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse. Das hat Einfluss auf die BAföG-Zahlungen, (Familien-)Krankenversicherung unter 25 und die Halbwaisenrente. Wie gehe ich damit um?
Der Mindeststundenumfang muss verbindlich erst zum 1. Februar 2025 umgesetzt werden. Einzelne Universitäten haben schon jetzt begonnen den Mindeststundenumfang auf zehn Stunden festzulegen. Grundsätzlich sollte euch die Universität ab dem 1. Februar 2025 immer einen Arbeitsvertrag mit einen Mindeststundenumfang von zehn Stunden anbieten. Sollten diese Regelungen ausnahmsweise für euch zum Nachteil sein, könnt ihr bei der Personalabteilung eurer Hochschule eine Unterschreitung des Stundenumfangs beantragen. Wichtig ist dabei zu beachten, dass diese Regelung nur auf Antrag durch die Beschäftigten zu unterschreiten ist.
Gelten die vereinbarten Entgelte für Arbeitsverträge, die bereits vor dem 1. April 2024 geschlossen wurden?
Die vereinbarten Stundenentgelte gelten für alle studentischen Hilfskräfte ab dem 1. April 2024, unabhängig davon, wann der Arbeitsvertrag geschlossen wurde.
Mindestvertragslaufzeiten
Ab wann gelten die Regelungen zu dem Mindestvertragslaufzeiten und dem Mindeststundenumfang?
Ab dem 1. Februar 2025 gelten die vereinbarten Mindestvertragslaufzeiten von einem Jahr und der Mindeststundenumfang von zehn Stunden für alle studentischen Hilfskräfte verbindlich, unabhängig davon, wann der Arbeitsvertrag geschlossen wurde.
Welche Gründe rechtfertigen eine Über- bzw. Unterschreitung der Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr und wer entscheidet darüber?
Das ist nicht weiter definiert. Zunächst sollte euer Arbeitgeber euch verbindlich eine Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr anbieten. Eine Überschreitung der Vertragslaufzeit ist immer möglich
Was ist mit den Mindestvertragslaufzeiten in Drittmittelprojekten?
Die schuldrechtliche Vereinbarung macht keinen Unterschied zwischen Landes- oder Drittmittelfinanzierung. Die Vorgaben müssen auch in Drittmittelprojekten wie beschrieben umgesetzt werden.
Welche Möglichkeiten haben wir als TVStud-Bewegung, auf möglichst weitreichende und bestmögliche Umsetzung zu drängen?
Zunächst sollten wir auf die schnelle Umsetzung dieser Regelung an unseren Hochschulen drängen. Dafür ist es zum einen wichtig, uns vor Ort mit den für uns zuständigen Personalvertretungen zu vernetzen, über eine Umsetzung der Regelung zu beraten und zu überwachen. Hierzu ist es wichtig alle Vertragsbrüche zu melden.
Kann ich jetzt ab Sommersemester 2024 zehn Wochenstunden und eine Laufzeit von einem Jahr verlangen?
Nein, die Regelung für die zehn Mindestwochenstunden und die Mindestvertragslaufzeit gilt ab dem 1. Februar 2025. Einzelne Hochschulen haben trotzdem begonnen schon jetzt diese Regelung anzuwenden. Hierauf gibt es keinen rechtlichen Anspruch.