Solidarität mit der Tarifbewegung studentischer Beschäftigter. Für die Integration der Hilfskräfte und Tutor*innen in den Tarifvertrag der Länder

Offener Brief von Professor*innen und akademischem Mittelbau, Erstveröffentlichung am 30. November 2023

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Sehr geehrte Finanz- und Wissenschaftsministerinnen und -minister der Länder,

studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte, Tutoren und Tutorinnen (studentische Beschäftigte) leisten an unseren Hochschulen und Forschungseinrichtungen tagtäglich unverzichtbare Arbeit für den Wissenschaftsbetrieb. Sie erlangen darüber hinaus auf diesem Wege wertvolle Einblicke und qualifizieren sich weiter. Ihr Beitrag für Forschung und Lehre ist unerlässlich – ihre Leistung verdient Anerkennung und angemessene Wertschätzung.

Studentische Beschäftigte sind – außerhalb Berlins, wo es bereits seit 1980 einen TVStud gibt – immer noch außerhalb des Tarifvertrags der Länder (TV-L) beschäftigt, unter den alle anderen Hochschulbeschäftigten fallen. Dies ist in unseren Augen ein erhebliches Gerechtigkeitsdefizit. Denn für demokratische Anteile und für soziale Sicherheit in der Arbeitswelt sorgen nicht zuletzt Tarifverträge, die – insbesondere in ihrem Zusammenspiel mit der betrieblichen Mitbestimmung – die Teilhabe von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei der Ausgestaltung ihrer Vertrags- und Arbeitsbedingungen sicherstellen. Dieses deutsche „duale System der Arbeitsbeziehungen“ gilt weltweit als vorbildlich und steht für eine gelebte Kultur der Mitbestimmung – sehr zurecht nehmen zahlreiche Beschlüsse und Grundsatzprogramme Ihrer Parteien darauf Bezug.

Gerade dem Staat, den Sie auf ministerialer Ebene repräsentieren, kommt als Arbeitgeber eine besondere Vorbildfunktion zu, wenn es darum geht, die Anwendung von Tarifverträgen zu gewährleisten. Tarifliche Absicherung sollte keine Ausnahmen kennen, schon gar nicht im öffentlichen Dienst. Es ist ein Mindeststandard. Nicht zuletzt würde ein Tarifvertrag die Attraktivität dieser Stellen erhöhen. Mit Interesse verfolgen wir daher die aktuelle Tarifrunde der Länder. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die Gewerkschaften die Forderung nach einer Integration der studentischen Beschäftigten in den Tarifvertrag der Länder zum Gegenstand der laufenden Verhandlungen in Potsdam gemacht haben.

Wir unterstützen die Forderung der Gewerkschaften und der TVStud-Bewegung, die studentischen Beschäftigten im Rahmen der aktuellen Verhandlungen in den Tarifvertrag der Länder (TV-L) zu integrieren, mit Nachdruck. Auch studentische Beschäftigte haben, wie alle anderen (Hochschul-)Beschäftigten, Anspruch auf den Schutz eines Tarifvertrags. Auch für sie sollten entsprechend angepasste tarifliche Regelungen gelten, damit ihre rechtlichen Ansprüche oberhalb des gesetzlichen Minimums – wie etwa dem Mindestlohn – liegen. Auch sie sollten an tariflichen Lohnsteigerungen partizipieren. Und auch für diese Entgelterhöhungen im Rahmen von Tarifrunden sollten ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Jeder zweite Arbeitnehmer, jede zweite Arbeitnehmerin tritt inzwischen von der Hochschule aus auf den Arbeitsmarkt. Studierende sammeln an diesem Ort erste Arbeitserfahrungen. Diese Erfahrungen sollten von demokratischen Grundprinzipien geprägt sein. Gerade Hochschulen und Forschungseinrichtungen müssen hier mit gutem Beispiel vorangehen.

Wir appellieren daher an Sie: Unterstützen Sie, als Finanz- und Wissenschaftsministerinnen und -minister der Länder, das berechtigte Anliegen studentischer Beschäftigter nach einer Integration in den TV-L. Ein etablierter Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (TVStud) in Berlin, sieben Koalitionsverträge sowie weitere Bekenntnisse (wie etwa durch die Landesregierungen in Brandenburg und Hamburg) geben Ihnen den nötigen politischen Rückhalt. Nicht nur wir – auch diese jungen Wähler und Wählerinnen nehmen diese positiven Bezugnahmen aufmerksam zur Kenntnis. Beweisen Sie nun die Glaubwürdigkeit der Politik und gehen Sie im Rahmen der aktuellen Tarifrunde diesen Weg mit den Gewerkschaften. Unsere Unterstützung ist Ihnen dabei sicher.

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Über 2000 Erstunterzeichner*innen haben den offenen Brief bereits unterstützt. Die Unterzeichnung ist weiterhin offen. Nutzen Sie dafür das folgende Formular:

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Erstunterzeichnerinnen und Erstunterzeichner

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Weitere Unterzeichnungen

2212. Prof. Dr. Anne König, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, Berliner Hochschule für Technik
2213. Prof. Dr. Klaus Schlichte, Institut für Politikwissenschaft, Universität Bremen
2214. Prof. Dr. Marius Lindauer, Institut für KI, Leibniz Universität Hannover
2215. Dr. Jochen Lingelbach, Geschichte Afrikas, Universität Bayreuth
2216. Katharina Meixner, Institut für Atmosphäre und Umwelt, Goethe Universität Frankfurt am Main
2217. Dr. David Krogmann, Institut für Interkulturelle und Internationale Studien, Universität Bremen
2218. Sarah Segel, Fakultät für Elektrotechnik und Informatik, Leibniz Universität Hannover
2219. Dr. Werner Sanio, Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen (FB IV), Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen
2220. Dr. Sebastian Lemme, Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF), Universität Bielefeld
2221. Wolfgang Schneider, Historisches Seminar, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
2222. Paula Simon, Philosophische Fakultät, Heidelberg Centre for Transcultural Studies Universität Heidelberg
2223. Theresa Eimer, Institut für Künstliche Intelligenz, Leibniz Universität Hannover

Beitragsbild: @protestfotodd